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Haferlschuhe: Regionale Unterschiede

Den Haferlschuh kennt doch jeder, denkt man. Aber was ist mit dem Goiserer, Allgäuer (z.B. unser Max), Miesbacher und mit Trachtenschuhen? Manch einer kennt vielleicht auch den Pechschuh oder die Grobgenähten.Tatsächlich ist der Haferlschuh nicht der einzige, aber der mit Abstand der populärste traditionelle Schuh aus dem Alpen- und Voralpenraum – und zeigt als solcher zugleich auch manche Unterschiede.

Allgäu, Oberbayern

Der Überlieferung nach kommt der „Ur-Haferl“ aus dem Allgäu. Die bekannteste Erzählung besagt, das der Schuhmacher Franz Schratt ihn zu Anfang des 19. Jahrhunderts mit seinen charakteristischen Merkmalen entworfen hat (Schiffchenspitze, Knöchelausschnitt, Staublasche, Fersenkappe). Vor allem die im Profil eckige, bis spitzwinkelige Schiffchenspitze ist bis heute für den Allgäuer Haferlschuh typisch. Sein Schnitt ist schmucklos und erklärt sich aus seiner Herkunft als Arbeitsschuh.  Seine bis heute währende Anziehungskraft verdankt sich seiner rassigen Linienführung, gutem Leder und der Zwienaht. Ein Klassiker aus einem Guss.

Bis ins späte 19. Jahrhundert wurden Haferlschuhe nur in Handarbeit hergestellt. Seit Einzug der Sohlennähmaschinen gibt es auch maschinen-zwiegenähte Haferlschuhe von hoher Qualität. Konsumige Ausführungen verzichten dagegen auf die anspruchsvolle Näharbeit und verkleben die Laufsohle mit dem Schuhoberteil.

Aus dem oberbayerischen Miesbach stammt ein weiterer regionaler Klassiker,  der Miesbacher. Mit 3 cm hohem geschwungenem Barockabsatz und lochmuster-dekoriertem Schaft gehört der Miesbacher nicht zu den Arbeits-, sondern zu den Trachtenschuhen. Mit seiner holzgenagelten Sohle wird der Miesbacher traditionell von den Männern zum Tanzen und Plattln getragen.

Miesbacher Trachtenschuh Miesbacher Trachtenschuh - ein Klassiker zum Tanzen und Plattln

 

Haferl Modell Max ist abgebildet.Original Haferl Max ist mit seiner Mittelschnürung ein Haferlschuh, der sich in der Form am Ur-Haferl orientiert.

 

Model Haferl Ludwig in taupe ist abgebildet.Unser Original Haferl Ludwig ist mit seiner Seitenschnürung ein typischer Oberbayerischer Haferl, wie er viel in München und Umgebung getragen wird.

 

Österreich

In Österreich, wo im Salzburger Land bis in die Steiermark, Haferlschuhe seit mindestens hundert Jahren ebenfalls populär sind, fehlen zwei Merkmale des Allgäuer Haferlschuhs: die eckige Schiffchenspitze ist in Österreich runder, der Knöchelausschnitt ist nur minimal vertieft. Beliebt sind stattdessen Steppungen und Applikationen in Eichenblatt- und Edelweißform, dazu gestickte Blattmuster, Häkchen statt Ösen oder eine Fransenlasche. Auch eine silberne Zierschnalle, die sich aus der Schuhmode des Rokoko erhalten hat und für heutige Trachtenschuhe typisch ist, schmückt nicht selten  österreichische Haferlschuhe.

Der österreichische Goiserer unterscheidet sich vom Haferlschuh, dem er äußerlich stark ähnelt, durch die „grobgenähte“ Verarbeitung mit zwei Nähten  ohne Rahmen (mitgeführter Lederstreifen). Seine Herkunft vom regionalen Arbeitsstiefel gibt er durch die schmale, genagelte Sohle zu erkennen. Diese erhöhte den Druck und gab so den Holzknechten in abschüssigem Gelände einen sicheren Stand. Ein findiger Schuhmacher aus Bad Goisern arbeitete zur vorletzten Jahrhundertwende den Holzknechtstiefel zu einem gefälligen Wanderschuh um, den die Kaiserlichen Jagdgäste in benachbarten Bad Ischl bald lieben lernten und in ihre Gaderobe aufnahmen.

Schwäbisch-alemannischer Raum

Der schwäbisch-alemannische Raum teilt sich seit der nationalstaatlichen Umbildung Europas im 19. Jahrhundert in einen süddeutschen und einen schweizerischen Teil. Die kulturelle Verwandschaft zeigt sich ungeachtet dessen bis heute in der Sprache. Zwie- und grobgenähte Arbeitsschuhe mit haferlschuhähnlichem Schnitt waren such hier früher gebräuchlich. Wegen ihrer nagelbeschlagenen Sohle hießen sie hier Griffschüeh, im Schwarzwald und auf der Alb kannte man sie als Pechschuhe. Diese Schuhe, deren Namen heute vergessen sind, waren zwiegenäht oder wie der Goiserer grobgenäht. Anders als die heutigen Trachtenschuhe, die sich aus höfischer Bekleidung entwickelt haben, zeigen Goiserer und Pechschuh wie auch der Haferlschuh bis heute stolz ihre bäuerliche Herkunft.