Der Haferlschuh im Wandel der Zeiten

Postkarte aus dem Jahr 1897, Rottach-Egern im Kreis Miesbach
Muss man Schweizer sein, um in den Alpen Urlaub zu machen oder Allgäuer, um Haferlschuhe bequem und schick zu finden?! Natürlich nicht!
Das haben nicht nur die praktisch veranlagten Engländer begriffen, die vor hundert Jahren beim Skiurlaub die bodenständigen Alleskönner aus der Schusterwerkstatt von Josef Schratt kennen und lieben lernten und kurzerhand adaptierten. Das halten seither auch zahllose weitere Haferlschuhträgerinnen und -träger so, die nicht alle das Glück hatten, unter Bayrischem Himmel geboren zu sein. Sie lassen sich durch kein spießiges Vorurteil davon abhalten, diesen regional verwurzelten Klassiker für sich zu entdecken und „mit Fleiß“ auch jenseits bayerischer Landesgrenzen zu allen möglichen Gelegenheiten – unmögliche gibt es wenig - zu tragen.
Ein gutes Stück Mittelalter
Sehr wahrscheinlich steckt im Haferlschuh dabei nicht nur historische Allgäuer Alltagskultur von 1800, die inzwischen eine dezent nostalgische Patina bekommen hat. Es hat sich auch ein gutes Stück Mittelalter in diesem Schuh erhalten. Sowohl der schlichte Schaftschnitt aus einem Stück Leder mit Schlitz-Öffnung und angenähter Staublasche, als auch die markante Parallelführung der Ledersenkel finden sich schon bei bäuerlichen Schuhen aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Und auch Schuhmacher Franz Schratt mag vor zweihundert Jahren darauf zurückgegriffen haben, als er auf der Suche nach einem „neuen“ Schuh an Allgäuer Bergbauern letzten Überresten dieser mittelalterlichen Modelle begegnete. Nur der liebe Gott schöpft aus dem Nichts. Findige Menschen profitieren von Inspirationen, die sie sich überall holen. Vielleicht ist es gerade dieser Zug der Geschichte, der den Haferlschuh auch für moderne Menschen attraktiv macht.

Vom Bergschuh zur Festtagskleidung
Während Bauern, Jäger und andere Bergbewohner die Haferlschuhe anfänglich als zweckmäßig gestaltete Arbeitsschuhe trugen, brachten im 19. Jahrhundert die Urlauber, die nun sommers wie winters ins Allgäu strömten, eine neue Kultur. Auf den zunehmend beliebten hochalpinen Kletter- und Bergtouren trugen diese „Touristen“ ebenso wie ihre ortsansässigen Bergführer vermehrt benagelte feste Knöchelstiefel, die einen besseren Halt gaben. Die Haferlschuhe wurden mehr und mehr zum zünftigen Schuhwerk für das Leben im Tal, aber auch für die in Bayern zahlreichen festlichen und musikalischen Veranstaltungen auf dem Land wie in der Stadt.
Dass dabei auch der in Bayern verehrte und tragisch gestorbene „Kini“ Ludwig II., den nicht nur baumeisterlicher Ehrgeiz, sondern auch Volksnähe auszeichnete, zu den Haferschuhträgern gezählt werden darf, ist mehr als wahrscheinlich – auch wenn Nachweise dafür bisher fehlen. Wohingegen der nicht weniger populäre österreichische Kaiser Franz Josef verschiedentlich im österreichischen Trachtengewand mit Joppe, Hut und Haferlschuhen an den Füßen abgelichtet wurde und als Liebhaber dieses schönen Schuhwerks gelten darf.

Auch Marlene Dietrich stand auf Haferlschuhen
Dass Haferlschuhe damit um 1900 endgültig hoffähig und stadtfein geworden waren, zeigt auch der weitere Verlauf des 20. Jahrhunderts. Denn in besonders eleganter Ausführung eroberten sie in den 1920er und 1930er Jahren zusammen mit dem seidenen Couture-Dirndl vorübergehend sogar die exklusive Pariser Damenmode.
Das mag auch einen glamourösen Star wie Marlene Dietrich bewogen haben, bei Ihren damaligen Salzburg-Besuchen zur Festspielzeit in dieses robuste Schuhwerk zu schlüpfen. Ein handgemachter schwarzer Haferlschuh von der Dietrich hat sich in ihrem Nachlass erhalten. Mit eckiger Carréspitze, markanter Zwienaht, derber Sohle und Staublasche hat er alles, was zu diesem zünftigen Klassiker dazugehört. Tiefe Furchen im Oberleder verraten außerdem, dass er ganz offenkundig viel und gerne von der deutschen Film-Diva getragen wurde.
Eine „Art Urschuh“ im modischen Aufwind
In der Mode kommen und gehen regionale Anleihen nun einmal ebenso unversehens wie Farben, Stoffe und Silhouetten. Doch zum bayrischen Trachtengewand, wie es alle Jahre wieder auf dem Münchner Oktoberfest, aber auch auf weniger bekannten Dorffesten mit großem Stolz aus- und aufgeführt wird, gehören Haferlschuhe schon lange ganz selbstverständlich dazu.

Bemerkenswerter ist da schon das neuere Phänomen, dass der Schuh mit der langen Geschichte inzwischen auch jenseits von Jochspitze, Nebelhorn und Tegernsee vermehrt im „richtigen Leben“ zu sehen ist – und dabei kaum auffällt. Einer wie der österreichische Liedermacher Hubert von Goisern dürfte damit die kleinsten Probleme haben. Aber auch der kratzbürstige österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard hat einmal einen Journalisten wissen lassen: „Haferlschuhe habe ich auch gehabt“. So weit so gut. Doch wohl keiner hat die Anziehungskraft des Haferlschuhs entspannter auf den Punkt gebracht als Prinz Asfa Wossen Asserate. Dem Großneffen des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie und Autor des Buches „Manieren“ erscheint „der bayrische Haferlschuh“ als „eine Art Urschuh“. Als er ihn bei deutschen Freunden zuerst gesehen habe, habe er ihn sofort gemocht. „Seither trage ihn selbst gerne“, erklärt der äthiopische Prinz, „meist zum schweren Tweedanzug und natürlich immer auf dem Land.“ Für alle anderen: In der Stadt ist er aber auch nicht verboten.
Dresscode für weibliche Füße
Es ist noch nicht so lange her, da gehörten Frauenfüße und Stöckelschuhe – mindestens in der männlichen Vorstellung - so eng zusammen wie Pech und Schwefel. Oder mit anderen Worten, attraktiv wurden weibliche Füße und Beine erst auf hohen Hacken. Das kann zugegebenermaßen gut aussehen, alltagstauglich war und ist es nicht. Die Mehrheit der Frauen dürfte daher heilfroh gewesen sein, als vor nicht allzu langer Zeit mit Mokassin, Loafer und Dandy-Schnürern im Boyfried-Style endlich auch flache Schuhe modetauglich wurden. Die Füße konnten aufatmen. Richtig spannend wurde es aber, als in den letzten Jahren Schuhe nicht nur flach sein, sondern auch auf dicken Sohlen stehen konnten, ohne als „Liebestöter“ zu firmieren. Diese neue Bodenständigkeit ist befreiend. Denn sie schließt Chic ja keineswegs aus, aber mehr Möglichkeiten ein, weibliche Füße gut, praktisch, vielseitig und zugleich attraktiv zu kleiden

Klassik im Wandel

Seit es sie gibt, sehen Haferlschuhe wunderbar aus, wenn sie zum Dirndl getragen werden – in Zeiten der Gleichberechtigung wahlweise auch zur knappen Lederhose. Mit einem geschätzen Alter von rund 200 Jahren stammen „Gwand“ und Schuhe ungeführ aus der gleichen Zeit. Damit passen sie perfekt zueinander und strahlen auf unwiderstehliche Weise Lebensfreude, gute Laune und bayrische Heimatverbundenheit aus.
Um diese neu zu erschaffen oder frisch zu kombinieren, haben wir von Original Haferl schon ein Paar feine Ideen entwickelt und umgesetzt ... Neugierig? … Einfach vorbeischauen.Gut möglich, dass Sie bei uns schon heute die „Klassiker von morgen“ finden. Das Tragen ist auf jeden Fall die reine Freude, versprochen.
Dirndl bis Business
Natürlich sind Haferlschuhe nicht gleich Haferlschuhe – und das gilt für alle Trägerinnen. Es gibt die geländegängigen Ausführungen aus strapazierfähigem Nubuk- und Fettleder mit griffiger Profilsohle. Diese Modelle sind naturgemäß ideal für den Berg, zum Wandern und für andere Outdoor-Aktivitäten, bei denen das Wetter und die Bodenverhältnisse eine Rolle spielen. Wobei die Klassiker auch im städtischen Umfeld Vorzüge besitzen. Beim Stadtbummel etwa geben sie den Füßen Halt und Komfort ohne die Last, jeden Schritt sorgfältig planen zu müssen. Mehr Leichtigkeit und Eleganz, wie sie sich entweder persönliche Vorliebe wünscht oder der berufliche Kontext verlangt, gibt dagegen eine Ledersohle. Hier ist unsere schlanke Schönheit „Marie“ der richtige Haferlschuh. Nicht nur ist ihr Boden dünner und der ganze Schuh dadurch leichter. Auch die rahmengenähte Machart macht die „Marie“ schlanker als die zwiegenähten Ausführungen. Weil durch den Haferl-typischen Knöchelausschnitt das hochgezogene Blatt mit Staublasche zugleich weniger kompakt wirkt, kann „Marie“ auch ein Business-Kostüm und Etuikleid spielend begleiten.
Haferl 2.0

Unsere Haferl-Neugestaltungen „Sissi“ mit gepolstertem Schaftrand, „Gloria“ mit tradioneller seitlicher Schnürung und „Martha“ im klassischen Bergschuh-Design sind etwas höher geschnitten und umfassen damit zugleich den Fuß bis zum Knöchel. Das gibt Halt und Schutz und prädestiniert sie für einen Gebrauch in der Freizeit, die mit Bewegung aller Art verbunden ist. Zu Hosen, seien sie aus Tuch, Denim oder modernen Hightechfasern, sehen knöchelhohe Schuhe erfahrungsgemäß am besten aus. Wer Model-Beine hat trägt sie selbstbewusst natürlich auch zu Röcken. Haferlschuhe sind in den Proportionen auch nicht komplizierter als andere Halbschuhe und Stiefeletten. Nur stilistisch sind sie in ihrer Begleitung wählerisch. Billig- und Wegwerfmode mögen sie gar nicht. Die sieht dann nämlich im Kontrast noch schlechter aus.
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Dresscode für Männerfüße
„No brown in town!“ Erinnert sich noch jemand an diese Maxime? ... Tatsächlich gab es Zeiten, als ein Gentleman zu Geschäftsterminen wie zu Abendveranstaltungen ausschließlich schwarze Schuhe trug, idealerweise hochformelle Oxfords. Braune Schuhe waren dem Urlaub und Wochenende vorbehalten, also dem Wandern, der Jagd und dem ländlichen Leben. Das ist allerdings schon eine Weile her - und spätestes seit Erfindung der Casual-Mode in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts brachen entspanntere Zeiten an. Wenn auch heute noch klassische Schnürer als eher förmlich gelten und Slipper und Loafer für sportliche Lässisgkeit stehen, ist doch Bewegung in die Bekleidungskultur gekommen. Die großen Newcomer der letzten Jahre sind ohne Frage der City-Sneaker und die nicht mehr als spießig geltenden Männersandalen. Wenn das keine Einladung ist zu mehr Experimentierfreude an Männerfüßen?! Und eine prima Gelegenheit, zu zeigen, dass Haferlschuhe mehr sind und mehr können als hübsche Folklore.

Traditionell und zünftig
Dass Haferlschuhe auf dem Münchner Oktoberfest zu Hause sind, muss man wohl nicht eigens betonen. Ebenso passen sie wie gemalt auch zu den typisch bayrischen Bierfesten in der Provinz, mit allem, was dazugehört. Und das meint vor allem Plattln und Tanzen. Dabei macht der bayrische Ureinwohner hier keineswegs Halt. Soll heißen, er trägt seine Haferlschuhe natürlich auch den Rest des Jahres zu jeder sich bietenden Gelegenheit. Und davon gibt es für einen Bayern eher mehr als weniger. Regiologisch und stilecht sieht man Haferlschuhe darum in Bayern auch im Alltag, als Begleitung zum Janker und zur Lederhose, sehr gern auch mit Wadlstrümpf. Aber auch zum Lodenmantel und zum Wetterfleck sind sie gängig und neuerdings ebenso selbstverständlich auch zum Parka und zur Goretex-Jacke.

Loden, Leder und Retorte
Spätestens seit die Outdoorsportler ultramoderne Hightech-Funktionskleidung weltweit zum Trend gemacht haben, tun sich damit auch für Nichtbayern neue Möglichkeiten auf. So tauscht inzwischen der eine oder andere extremsportliche Naturbursche seine Trekkingschuhe gerne mal gegen solide Haferlschuhe. Ein Wagnis? Kaum! Wer sie kennt, den überrascht es keineswegs, dass die echten zwiegenähten Haferl als Begleiter zur Sportkleidung aus Vliess, Softshell, Mesh und ähnlichen Retortenmaterialien ebenso ausgezeichnet mithalten können wie zu Leder und Loden.
Neben unseren Original Haferl-Klassikern „Max“ und „Ludwig“ laden dabei seit kurzem auch unsere neuen Designs wie der höher geschnittene Haferl „Richard“, unser schöner „Artur“ und der robuste „Gambrinus“ dazu ein, sie im Gelände einfach mal laufen zu lassen. Am besten gleich ausprobieren!
Als Bayer in Berlin … oder New York

Da sich Stil und Stil bekanntlich gern gesellt, spricht tatsächlich nichts dagegen, den regionalen Klassiker Haferlschuh auch zur Jeans in allen Varianten zu kombinieren – als dem universellen modernen Mode-Klassiker schlechthin. Auch die blaue Drillichhose hat schließlich mal klein angefangen, nämlich als Arbeitskluft für nordamerikanische Goldsucher. Dank ihrer Funktionalität und Vielseitigkeit hat sie im 20. Jahrhundert eine steile Karriere gemacht und ist im Start-up-Milieu, so hört man, inzwischen sogar business-tauglich. Wenn das keine Inspiration ist, um auch Haferlschuhe fern der Heimat einfach da zu tragen, wo Funktion gefragt ist, die stilistisch noch Luft nach oben hat. Auch so kann man Fakten schaffen.
Wenn es bald wieder wärmer wird, ist wird es noch unkomplizierter. Mann lässt einfach die Socken weg und trägt seine Haferl kurzerhand anstelle von Docksider, Turnschuhen und anderer Casual-footwear Sie passen perfekt, und das nicht nur an weißblauen Sonnentagen. Da geht einiges … nur zu billiger Mode sollte man Haferlschuhe niemals tragen. Das beleidigt ihren Charakter.
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